Medium Digital – Ein virtuelles Medium zur Diskussion gestellt

Einführung

Unsere Gesellschaft und folglich auch der  Bildungsbereich stehen einem von Menschen gemachten Phänomen gegenüber, welches durch Digitaltechnik Prozesse ausgelöst hat, deren jetzige und zukünftige Veränderungen nicht mehr zu überschauen sind. In den nachfolgenden Überlegungen wird deshalb versucht, dieses Phänomen für den Bildungsbereich anschaulich einzuordnen und strukturierte pädagogisch-didaktische Zugänge vorzuschlagen.

Da es sich in seiner ursächlichen Wirkungsweise um ein technisch-informatorisches Phänomen handelt, werden die dazugehörigen Ordnungsprinzipien nach den Zugangsebenen Dateneingabe, Datenverarbeitung, Datenausgabe und Datenaustausch gewählt.  Nach einer theoretischen  Begriffserläuterung  Medium Digital wird dieser Begriff zur Veranschaulichung in die Metapher  „Das digitale Meer„ verpackt.  

Begriffsabgrenzung Kommunikationsmedien und Medium Digital

Das aus dem Lateinischen übernommene Wort medium wird in der Grundform mit Mitte/Zentrum übersetzt.[1]  Im Sinnzusammenhang bedeutet es auch Vermittler( lat. medium „das Vermittelnde“,  zu lat. medius „in der Mitte befindlich, zu beiden Seiten hinüberspielend oder geneigt“ )[2].

Der  Kompaktbegriff „Medien“[3] im Plural unterscheidet  sich gegenseitig bedingend durch den inhaltlichen Aspekt (Inhaltsmedien), den technisch-apparativen Aspekt (Gerätemedien) und den funktionalen Aspekt im kommunikativen und gesellschaftlichen Kontext (Massenmedien).

In der deutschen Sprache wird der Begriff Medium auch in anderen Sinnzusammenhängen genutzt.

Neben der oben aufgezeigten Bedeutungszuschreibung der Medienwissenschaften wird er in der naturwissenschaftlichen und technischen Auslegung  als eine Art Umgebung oder auch Milieu genutzt.

 

  • Übertragungsmedium (Informatik)
  • Ausbreitungsmedium (Physik)
  • Nährmedium (Biologie)
  • Dispersionsmedium (Chemie)

                                                             vgl. Wikipedia[4] 


Eine solches Medium ist im übertragenen Sinne virtuell durch
Digitaltechnik[5] erschaffen worden. Das Medium hat seine Grundeigenschaften in Binärcodes[6], die in unterschiedlichster Gestalt als Daten und Programme aus Computersystemen[7] heraus wirken. Durch die weltweite Verbreitung der Codes in Lichtgeschwindigkeit mit hochgradiger Vernetzung (Internet)  ist ein Trend entstanden, bei dem versucht wird, all die Endgeräte (Eingabe- und Ausgabegeräte) einzubinden und beeinflussen zu können.

In diesem Medium entfalten so automatisierte und sich selbststeuernde Einflüsse Macht auf viele Lebensbereiche  (kybernetische Einflussnahme von Algorithmen). Menschen wirken mit  unterschiedlicher Qualität und verschiedenen Zugangsmöglichkeiten (Abb. 2) in diesem Medium.

Dieses Gesamtphänomen wird hier als Medium Digital bezeichnet, welches sich von Begriffen wie „digitales Medium“ oder „Digitalmedium“ im Sinne der  Aspekte des Kompaktbegriffs Medien unterscheidet.

 

Konsequenzen für den Bildungsbereich

Für den schulischen Bildungsbereich wird vorgeschlagen, sich  diesem komplexen Medium methodisch-didaktisch mit ähnlichen Prinzipien zu nähern, wie es bei der physischen (Um)welt praktiziert wird. Die Phänomene  werden von der  Oberfläche (Zugänge über unsere Sinne) nach Eigenschaften und Wirkungszusammenhängen untersucht  (Erkenntnisgewinnung durch Methoden).

Daraus folgend bedeutet  Medialitätsbewusstsein[8] im  Medium Digital, diese mediumsspezifischen Leistungen einschätzen, reflektieren und nutzen zu können.

Deshalb wird hier der Vorschlag gemacht, die Zugangsebene in Anlehnung an die Computertechnik mit ergänzenden Fragestellungen didaktisch zu wählen.

 

  • Dateneingabe  / Datenherkunft?
  • Datenverarbeitung / Datenbeeinflussung?
  • Datenausgabe / Datenvorführung?
  • Datenaustausch / Datenverteilung?

 

Ziel dabei  ist, Wissen, Verständnis sowie Bewusstsein für das Medium heranzubilden. Hinzu kommen notwendige  pädagogisch-didaktisch Überlegungen, wie die nachwachsende Generation weiterhin dazu motiviert werden kann, trotz umfangreicher automatisierter Dienstleistungsangebote, sich noch vermeintlich unnötige Fertigkeiten anzueignen.


 Schaubild [9]  „Zugangsebenen zum Medium Digital“

zur dazugehörigen Präsentation (ppt)

Die nachfolgenden Fragen konkretisieren diesen Vorschlag:

 

  • Welche digitalen Werkzeuge muss jeder beherrschen oder verstehen, um möglichst viel Autonomie zu erlangen?
  • Wie regen wir Kinder und Jugendliche an, intransparente Vorgänge im Medium Digital verstehen zu wollen?
  • Wie reagieren wir auf  die  stetig zunehmenden Dienstleistungen, die uns das Denken und Hinterfragen abnehmen?

 

Die kompetente Einschätzung der Ebene der Datenausgabe, aus der heraus  aufgrund unserer limitierten Wahrnehmungsfähigkeit die klassischen Medienarten heraustreten bzw. erscheinen, wird Medialitätsbewusstsein im eingangs beschriebenen Bezug zu den Medienwissenschaften angewendet. Die klassischen, wahrnehmbaren Medienarten mit dem darunter wirkenden virtuellen Medium Digital erfordern  zusammenhängende  Bewusstheit.

 

Auch die klassischen  Medien, die mit drei Aspekten umschrieben sind, werden durch die spezifischen Eigenarten des Medium Digital beeinflusst. Der zusammenführende Binärcode verbindet Inhaltsmedien (Aspekt 1) unmittelbar mit den Werkzeugen zu deren Veränderungsmöglichkeiten. Die Qualität und insbesondere Geschwindigkeit der Datenerfassung, Datenverarbeitung und Datenverteilung verändert „Die Medien“  (Aspekt 3) fundamental. Die Geräte unterscheiden sich nur noch dadurch, welchen Teilbereich des Medium Digital sie wie und wo zulassen (Aspekt 2)  . Dies dokumentiert wie das  Medium Digital allein durch seine spezifischen Eigenschaften Einfluss nimmt.

 

Die Metapher „Das digitale Meer“  zur Veranschaulichung des Medium Digital

So wie die Menschen sich dem Meer nähern,  welches als Medium  in seinen Tiefen, Vielfältigkeiten und Wirkungen  genutzt aber auch erforscht wird, so nähert man sich auch dem Medium Digital von der Oberfläche und taucht dann in die Tiefen ein.  Kinder und Jugendliche tauchen mit ihrem (Forscher)geist ein, um den „Geist“ dieses technischen Phänomens durch Erkenntnisgewinnung mit Methoden altersgemäß zu begegnen. (siehe auch oben „Konsequenzen für den Bildungsbereich“).

Eintauchen ins digitale Meer[10]

 

Zusammenfassung

Begriff  Medium Digital

Medium Digital ist eine  auf Digitaltechnik gründende, künstliche (virtuelle) Umgebung, welche zurzeit mit Binärcodes immer stärker Einfluss auf die Lebensbereiche der Menschen hat. Neben den umfangreichen Übertragungsmöglichkeiten unterschiedlichster Dienstleistungen in Zeit auflösender Geschwindigkeit sind Automatisierungs- und Selbststeuerungsprozesse die wichtigsten Merkmale. Dieses künstliche System hat Eigenschaften eines Mediums im naturwissenschaftlichen und technischen Sinne und wird an seiner Oberfläche (Ausgabegeräte) repräsentiert durch die klassischen Inhalts-Medienarten (Text, Bild, Ton, Film). Auf der Basis der Digitaltechnik wirkt dieses virtuelle Medium durch seine spezifischen Eigenschaften aus sich selbst heraus und hat damit Einfluss auf Sichtweisen und Vorstellungen von der Welt.

Konsequenzen

Diese tiefgreifenden Veränderungsprozesse müssen im Bildungsbereich verstärkt  didaktisch-pädagogisch begleitet werden. Dabei reicht es nicht aus, über Geräte- und Softwareentwicklungen immer neue Ansätze zu suchen, sondern es muss  grundsätzlich das technisch-informatorische Phänomen in die Bildungspläne und die Unterrichtskonzepte eingebettet werden.  

Zum Herunterladen als pdf-Datei:  Medium Digital – ein virtuelles Medium 


[8] Wagner, Wolf-Rüdiger: Bildungsziel Medialitätsbewusstsein. Einladung zum Perspektivwechsel in der Medienbildung. München 2013, S.9. und auch  Medialitätsbewusstsein (Portal Medienbildung)

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