Basierend auf den Konstruktionen der Digitaltechnologien ist in globaler Vernetzung ein mächtiges „Werkzeug der Weltaneignung“ (Medium Digital) entstanden.
Der Medienbegriff der Gesellschaft für Informatik dient hier als Brücke, wie aus meiner Sichtweise heraus pädagogisch-didaktisch diese Digitaltechnologie im Bildungsprozess fassbar gemacht werden kann.
Dazu empfehle ich als Einstieg die Online-Quelle aus dem Orientierungsrahmen Medienbildung (NLQ) zu lesen:
Kurzgefasst wird dort der Medienbegriff in drei Aspekte gegliedert.
Inhalt, Funktion und Technik
Noch in der analogen Welt denkend, hatte diese Dreiteilung auch ihre leicht nachvollziehbare Berechtigung.
- Weltaneignung durch Sinne ist grundlegend für das Leben und ermöglicht allen Organismen der Erde erst „Inhalte“ dieser Welt „wahrzunehmen“, wobei die Menschheit sich durch Hilfsmittel (Werkzeuge) über ihre natürliche Ausstattung hinaus Wahrnehmungsmöglichkeiten geschaffen hat.
- Weltaneignung mit Geräten (z.B. einem Mikroskop) als eine Art Verlängerung der Sinne veranschaulicht diese Hilfsmittel direkt und kann als Werkzeug leicht verstanden werden. Sie zeigen auch die herausragenden Möglichkeiten der Menschheit gegenüber den anderen Lebewesen auf der Erde.
- Weltaneignung durch die Nutzung von Presse, Funk und Fernsehen sind abstraktere Werkzeuge der Weltaneignung und können als herausragendes Symbol für die menschliche Kommunikationsfähigkeit als „Werkzeuge der Weltaneignung“ betrachtet werden. Deren Nutzung setzt Lesen, Schreiben, Rechnen voraus, was Menschen im Verlauf ihres Lebens nicht automatisch erlernen.
Nun wächst komplexer und abstrakter eine digital konstruierte Welt, in die die Menschen nur Zugänge über hochentwickelte Geräte haben, welche auf ihre Wahrnehmungsmöglichkeiten angepasst sind. Ein künstlich erzeugtes Mileu (Medium Digital), für deren Durchdringung zusätzlich investiert werden muss. Denn dessen oberflächlichen Ausgaben (Inhaltspräsentationen) erfordern Wissen hinsichtlich seiner komplexen Sprache und seines Aufbaus. Umfangreiche erweiterte Bildungsanstrengungen zu einem reflektierten Umgang mit diesem Medium Digital sind erforderlich. Mit sogenannter „Künstlicher Intelligenz“ entstehen in diesem Medium technologische Eigendynamiken, deren Folgen schwer abschätzbar sind. Es verquicken sich die oben aufgeteilten drei Aspekte in unserer Vorstellungswelt, wenn wir den konstruierenden, aus diesem Medium Digital selbst herausentstandenen Anteil, nicht verstehen.
Beispiel
„Die Medien“ (funktionaler Aspekt) wurden durch die Möglichkeiten des Internets stark verändert. Sie werden unter größerem Zeitdruck produziert sowie anders und schneller verbreitet. Sie integrieren alle klassischen Medienarten, die früher eher getrennt durch Zeitung (Text und Bild), Radio (Ton) und Fernsehen (primär Film) unterscheidbar waren.
Vermeintlich kostenlose Apps und Plattformen, die ihre inhaltliche Zusammenstellung mit beliebigen Interessen und Absichten zusammenstellen, sind z.T. wichtigste Informations- und Kommunikationsplattformen für Nutzergruppen geworden. Quellen werden erfunden, verändert, verfälscht, zusätzlich verbreitet usw… . Dazu kommen automatisierte Prozesse, die zwar Menschen in Gang gesetzt haben, aber dann autonom weiterwirken.
Alle diese Veränderungen nehmen durch den Menschen aber eben auch durch dieses technische Milieu Einfluss auf den Inhalt. Die Durchdringung dieser Prozesse setzt Medialitätsbewusstsein voraus.
Die offensichtlich erfolgreiche Ausbreitung von „Fake News“ und die erstaunliche Wirkung von „Filterblasen“ in diesem Medium sind anschauliche Begrifflichkeiten für die Auswirkungen.
Im Medium Digital Bewusstsein entwickeln
Mir erscheint für diese digital konstruierte Welt deshalb pädagogisch-didaktisch wirkungsvoller, sie nicht in der klassischen Dreiteilung eines Medienbegriffs aufzuschlüsseln oder Umschreibungen wie Medienkonvergenz dafür anzuwenden. Sie stellen nur noch Komponenten (Text, Bild, Ton, Film) dar, deren spezifische Sprache zur Analyse weiterhin beherrscht werden muss.
Zum Verständnis des Milieus hinter den Ausgabe- bzw. Eingabeoberflächen mit ihren verschachtelten und verknüpften Komponenten und deren naturwissenschaftlich-technischen Rahmenbedingungen müssen altersgemäß didaktisch reduziert informatorische Unterrichtsinhalte in die Fächer integriert werden. Darüber hinaus der Informatik als Fach größere Bedeutung beigemessen werden.
Denn nur Rezipienten könne in einem Medium Digital ein Bewusstsein entwickeln, was reinen Konsumenten verschlossen bleibt.
Menschen haben in ihrer Geistesgeschichte schon viele Scheinwelten hinter sich, die immer auch die Ausrichtung hatten, andere Menschen zu unterdrücken und auszunutzen. Für mich macht dies das System der katholischen Kirche am Ende des Mittelalters besonders anschaulich deutlich.
Exkurs Scheinwelt
Der überwiegende Teil der Bevölkerung, – einfache Menschen, Analphabeten und unter Einfluss der Kirche im Zusammenspiel mit den Herrschern – , von einem nicht naturwissenschaftlichen Weltbild geprägt, wurden mit einer willkürlich konstruierten Welterklärung entweder wehrlos instrumentalisiert oder wurden unter gewissenloser Auslegung eines christlichen Glaubens gepeinigt. Riesige beeindruckende sakrale Gebäude in den Städten mit prunkvollen visuellen Auslegungen der Bibel, die in einer unverständlichen Sprache Latein geschriebenen vorlag, hat den Menschen nicht nur Zuversicht, Geborgenheit und Lebenshilfe gebracht, sondern auch Ausbeutung und geistige Abhängigkeit. So konnte die Bibel nach Bedarf dem Volksmund ausgelegt werden oder sogar einschüchternd in einer geheimnissenvollen Sprache vorgetragen werden.
Die digitale Welt weist diese Seite der ausnutzenden Ausprägung genauso auf! In einer unbekannten Sprache gegründet (Codes mit seinen Algorithmen) und in vielen Staaten einseitig von den ökonomisch und/oder politisch Mächtigen gelenkt, werden Menschen auf interessengeleiten Oberflächen in Scheinwelten verführt, überprüft und ausgespäht.
Deshalb ist zu hoffen, dass „Bildung in der digitalen Welt“ nicht nur in einer Strategie stecken bleibt.